Genom-Editierung: Spielen die Menschen Gott?

8 March, 2018

Pressemitteilung Nr.: 18/50
2. März 2018
Brüssel

Spielen die Menschen beim Editieren von Genomen Gott? Unter welchen Bedingungen kann und soll Genom-Editierung moralisch und gesetzlich erlaubt werden?

Dies waren die Kernfragen, mit denen sich Fachleute aus den Bereichen Wissenschaft, Theologie und Philosophie vom 27. bis 28. Februar 2018 auf einer Konferenz in Paris befassten.

Der Anlass wurde von der Thematischen Referenzgruppe Bioethik der KEK in Zusammenarbeit mit dem Institut für Protestantische Theologie der Theologischen Fakultät von Paris und dem Institut für Orthodoxe Theologie Saint-Serge organisiert.

Prof. Robin Lovell-Badge, Leiter der Stammzellbiologie- und Genetik-Forschung am Francis Crick Institute im Vereinigten Königreich steckte den Rahmen ab, indem er erklärte, dass Genom-Editierung nichts Neues sei. Er sagte, das Phänomen hätte vor 12.000 Jahren angefangen, als Bauern darüber Entscheidungen trafen, welche gezähmten Tiere sie züchteten und welche nicht.

Neue Methoden der Veränderung des Genoms, wie die CRISPR-Cas9-Technik, seien heute „präzise und effizient genug, dass alte Argumente, DNA-Veränderung sei zu unzuverlässig und unsicher für eine Anwendung bei Menschen, nicht länger angebracht sind“, sagte Prof. Lovell-Badge.

Prof. Miltiadis Vantsos der Theologischen Fakultät der Universität von Thessaloniki erörterte das Thema aus einer orthodoxen Perspektive und zog Parallelen zu anderen wissenschaftlichen Fachgebieten, bei denen Risiken nicht immer bekannt sind. Seiner Ansicht nach sollte das Vorsichtsprinzip bei der Gentechnik angewandt werden, weil diese das Potential habe, der Natur oder dem Menschen unwiderruflichen Schaden zuzufügen.

„Gott zu spielen heißt, Gott zu werden durch Gottes Gnade.“ Miltiades schloss mit den Worten: „Menschen sind nicht eine bloße biologische Existenz, sondern auch eine geistliche – ein Aspekt, der nicht unterschätzt werden sollte.“

Prof. Bruno Saintôt der Jesuitischen Fakultät von Paris sagte, die römisch-katholische Kirche sei eine der wenigen Kirchen, die den Beginn des menschlichen Lebens bereits zum Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei und Samenzelle sehe. „Der inhärente Wert des Menschseins hat Auswirkungen, die weit über diese brisante Frage hinausgehen. Es ist wichtig, Entscheidungen von Einzelpersonen zu achten und zu respektieren, daher müssen den Menschen die nötigen Informationen zur Verfügung gestellt werden“, fügte er hinzu.

Mit Blick auf die theologischen Argumente zur Bioethik und gestützt auf die von den Päpsten Johannes Paul II und Benedikt XVI ausgearbeiteten grundlegenden ethischen Prinzipien, wies Prof. Saintôt darauf hin, dass wir im Zusammenhang mit Konzepten wie „Gott spielen“, „genetisches Erbe“, „Naturgesetz“ oder „die unantastbare biologische Natur des Menschen“ größere Klarheit brauchen.

Prof. Peter Dabrock der Friedrich-Alexander Universität in Deutschland kommt aus einem evangelischen Hintergrund. Er schlug vor, sich zum „Ansatz des sogenannten weiten Überlegungsgleichgewichts“ und zur „Rolle der theologischen Ethik im Umgang mit Fragen der modernen Welt, wie aufkommende Biotechnologien“ Gedanken zur Methodologie zu machen.

Laut Prof. Dabrock könnte die evangelische Ethik „innerhalb einer globalisierten Gesellschaft die Kirchen als Sonderbeauftragte unterstützen, damit diese einen dringend benötigten, transparenten und partizipativen Diskurs über umstrittene Fragen im Zusammenhang mit der Genom-Editierung anstoßen können.“

Prof. Mark Hunyadi, Philosophieprofessor an der Katholischen Universität von Leuven brachte vor, dass sich die Bioethik heute in den Händen einer, wie er sie nannte, „Ethik im Kleinen“ befinde, nach einem auf die Einzelperson ausgerichteten Ansatz. Um dieses „bioethische Paradox unserer Zeit“ zu überwinden, rief er zu einer kollektiven Verarbeitung der Fragen auf, die die Bioethik täglich aufwirft.

Dieser Punkt wurde ebenfalls von Dr. Laurence Lwoff, Leiterin der Abteilung Bioethik beim Europarat, aufgegriffen. Sie sprach über die Herausforderungen, mit denen der Europarat konfrontiert ist, bei der Verfassung von rechtlichen Rahmenwerken zum Schutz gegen gegenwärtige sowie zukünftige Risiken in einem sich so rasch entwickelnden Bereich wie der Bioethik.

In Bezug auf die Risiken waren sich die Delegierten weitgehend einig, dass die Öffentlichkeit in Diskussionen zur Frage mit einbezogen werden sollte, ob oder welche Art der Genom-Editierung erlaubt werden sollte.

Prof. Lovell-Badge sagte: „Als Wissenschaftler würde ich in meiner Pflicht versagen, wenn ich nicht sagte, was mit neuen Forschungsmethoden möglich werden könnte.“ Das Editieren von Genomen solle auf nichts anderes als die Prävention und die Behandlung von Krankheiten ausgeweitet werden, war sein klarer Standpunkt.

Die Konferenzteilnehmenden betonten schließlich, dass es nötig sei, zwischen tatsächlicher Wissenschaft und Science-Fiction zu unterscheiden, und dass die medizinische und seelsorgerische Betreuung sowie unsere Verletzlichkeit als Menschen stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken sollte.

Kontakt für weitere Informationen oder Interview-Anfragen:

Henrik Hansson
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E-mail:
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